Die Anatomie des Bürgers im "Spiegel" seiner Zeit
Eine Geschichte der Medizin, von der Fürsorge und Erhaltung des Körpers, hin zur vollkommenen Utopie
Das Dissertationsvorhaben hat sich zum Ziel gesetzt, anhand des Wochenmagazins „Der Spiegel“ herauszuarbeiten, welche „Medizin“ das Medium der Bevölkerung „verschrieb“, in Abhängigkeit von zeitlichen Abschnitten, Körper- und Wissenschaftsvorstellungen. Zum Zeitpunkt 1947, dem Gründungsjahr des Magazins, dient die Medizin als unbestrittener Ratgeber. In den darauffolgenden Jahren verlor sie ihren früheren Nimbus, so musste sie sich als Stand und Wissenschaft neu aufstellen. Ab den 60er/70er Jahren wird ein neues Selbstverständnis der Medizin im „Spiegel“ deutlich. Der Mensch ist nicht mehr Gott gegebenes Schicksal, sondern wird zunehmend zu einer formbaren Gestalt.
Mit dem „Spiegel“ wird ein meinungsmachendes Magazin betrachtet, welches sich vor allem an ein links-bürgerliches Publikum wendet, sich als faktenorientiert versteht und gleichwohl mit Kritik nicht spart sowie Alternativen sondiert. Seit über 70 Jahren begleitet der „Spiegel“ die Geschichte der Bundesrepublik und ist damit nicht nur Abbild sondern zugleich Faktor bundesrepublikanischer Geschichte geworden.
In den Worten des stets um Aufsehen ringenden Dichters und Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger: „Das Magazin hat die Macht, einen korrupten Beamten aus seinem Amt zu entfernen, einen Minister öffentlich anzugreifen, offizielle Zwecklügen dem allgemeinen Gelächter preiszugeben; es hat aber auch die Macht, die Meinungen von Millionen zu korrumpieren.“ (Einzelheiten I & II. Bewußtseins-Industrie und Poesie und Politik, 2006. S. 100)
An diesem Punkt stellt sich die Frage welche Vorstellungen der „Spiegel“ im Zeitverlauf vom menschlichen Körper entwarf und welche Bilder von der Medizin als Wissenschaft? Zur Analyse wurden alle Artikel mit medizinisch thematischen Schwerpunkt seit Beginn des Magazins von 1947 bis etwa 2000 studiert. Dabei konnten favorisierte Beitragsthemen herauskristallisiert werden, wie Herz, Krebs, Abtreibung, Körperkultur. Gleichzeitig werden einzelne Sonderthemen aufgegriffen, die durch ihre postmoderne Körperbetonung einen besonderen Stellenwert in der Geschichte der Medizin einnehmen. Dazu gehören Themen wie Pocken, Polio, Aids.
Anmerkung: Die Bearbeiterin möchte anonym bleiben, daher wird ihr Name hier nicht genannt.