Die Pluralität der Nachhaltigkeit: Abschlusskonferenz des Nachhaltigkeitsprojekts
Am 21. und 22. Oktober 2021 tagte das Verbundprojekt „Geschichte der Nachhaltigkeit(en). Diskurse und Praktiken seit den 1970er Jahren“ am Institut für Zeitgeschichte in München.
Die als hybride Veranstaltung organisierte Konferenz wurde von Johannes Hürter, Leiter der Forschungsabteilung München am IfZ, und Elke Seefried, Leiterin des Gesamtprojekts, eröffnet. Die ProjektbearbeiterInnen – Eva Oberloskamp, Karen Froitzheim, Nadja Hendriks, Pascal Pawlitta und Felix Lieb (assoziiert) – präsentierten zentrale Ergebnisse ihrer Einzelstudien.
Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ avancierte in den letzten Jahren zu einem allgegenwärtigen Leitbild in Politik, Medien und Unternehmenskommunikation, doch war seine zeithistorische Entschlüsselung lange ein Desiderat der Forschung. Das seit 2017 von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Projekt analysiert zeithistorische Nachhaltigkeitsdiskurse, es fragt nach Bedeutungsdimensionen und Interessen, die das Reden über Nachhaltigkeit präg(t)en, und erkundet entsprechende politische, zivilgesellschaftliche und unternehmerische Praktiken in lokaler, nationaler, europäisch-vergleichender und globaler Perspektive. Damit möchte es auch den inneren Pluralitäten und Widersprüchen des Redens über Nachhaltigkeit auf die Spur kommen. Das Leibniz-Projekt umfasst Teilprojekte am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, der RWTH Aachen, der Universität Augsburg (Wissenschaftszentrum Umwelt und Lehrstuhl für europäische Regionalgeschichte/Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte) und dem Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung.
Die hybride Tagung am Institut für Zeitgeschichte präsentierte zentrale Befunde des Projekts, die von der – heute hochaktuellen – Geschichte der „Energiewende“ über die Nachhaltigkeit in interkommunaler Perspektive und Nachhaltigkeitsnarrative in Unternehmen bis zur Entstehung der internationalen Klimapolitik seit den 1970er Jahren reichten. Zugleich ordnete die Tagung diese Ergebnisse und die Hauptfragestellungen des Projekts in einen weiteren zeitlichen und interdisziplinären Rahmen ein. Die KonferenzteilnehmerInnen erkundeten – mit zugeschalteten Gästen aus Russland und den USA – die langen Linien der Semantiken von Nachhaltigkeit in Europa seit dem 18. Jahrhundert, sie bezogen wissenschafts-, technik- und stadthistorische Perspektiven ein und diskutierten mit bekannten Nachhaltigkeitsexperten aus Soziologie und Philosophie wie Ortwin Renn und Konrad Ott. Eine Publikation der Ergebnisse ist geplant.